Roman in der Kleinen Rundschau

Roman in der Kleinen Rundschau






Die von Korczak herausgegebene „Kleine Rundschau“ wurde von den Kindern genutzt, um ihre eigenen Interessen zu vertreten oder sich zu beschweren.
Hier ein Beispiel:
„Sehr geehrter Herr Redakteur! Ich bitte sehr um Rat in einer Sache, in der ich selbst nicht weiter weiß. Meine Mami und Papi und selbst mein Onkelchen haben mir gesagt, ich solle den ganzen Sommer lernen, damit ich [die Prüfung]in erste Klasse bestehe. Und wenn ich die erste Klasse bestehe, dann hat mir mein Onkelchen versprochen, ein Fahrrad zu geben. Ich hab meins getan, aber ein Fahrrad hab ich nicht bekommen. Ich habe meinen Onkelchen um das Fahrrad gebeten, aber mein Onkelchen verspricht immer von einem Tag auf den anderen.“ (25.02.1927)





Die Redaktion hat darauf geantwortet: „Onkelchen: Das Wort wurde geschworen; Roman hat seins getan, jetzt bist du an der Reihe.“
Einige Ausgaben später schreibt Roman dankbar, dass er sein Fahrrad erhalten hat.


Stefania Wilczyńska






Stefania Wilczyńska wurde als Tochter von Julian Wilczyński und Saloma von Walfisch am 26.05.1886 in Warschau geboren. So wie Korczak kam auch sie aus einer wohlhabenden und jüdischen Familie mit drei Schwestern und einem Bruder.
1909 bewarb sie sich bei Frau Stella Eliasbergowa für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Waisenhaus auf der Franciszkańska Straße 2, das von dem Verein Hilfe für Waisen gegründet wurde. Wilczyńska zeichnete sich als eine sehr engagierte und talentierte Pädagogin aus. Schon in dieser Zeit begegnete sie Janusz Korczak zum ersten Mal, der mit der Zeit immer öfter in das Waisenhaus kam. (Nach Sachs lernten sich die beiden im Jahr 1910 in der Schweiz kennen und sprachen dabei viel über Pädagogik und ihre besondere Beziehung zu Waisenkindern.)
Im Oktober 1912 zogen Korczak, Wilczyńska und 85 Waisenkinder in das vom Verein Hilfe für Waisen neu gebaute Waisenhaus Dom Sierot, in dem Korczak als Direktor und Wilczyńska als Haupterzieherin tätig waren (Falkowska, 1997, S. 9).
Aufgrund der Einberufung Korczaks in den Krieg im Jahre 1914 blieb Wilczyńska allerdings schon nach kurzer Zeit allein mit den Kindern im Waisenhaus und trug dort anschließend vier Jahre lang die volle Verantwortung. Noch während der Abwesenheit Korczaks schrieb die Neue Zeitung (Nr. 267) im Juni 1916:
„Das Dom Sierot hat bereits den Ruf einer vorbildlichen erzieherischen Institution. Das gesamte Beschäftigungssystem, die Arbeitsteilung und der Tagesplan basieren auf den Grundlagen einer modernen Pädagogik, die hervorragende erzieherische Ergebnisse hervorbringt.“ („Nowa Gazeta“ zitiert in Ungermann, 2006, S. 492, 493).
Neben der Erziehungstätigkeiten und der Organisation im Dom Sierot betreute Wilczyńska die angehenden Erzieher. Sie lud sie dazu ein, das Kind und seine Umgebung kennenzulernen und die gemachten Beobachtungen zu notieren. Sie selbst beobachtete währenddessen die Auszubildenden und ihre Beziehungen zu den Kindern und Mitarbeitern (Falkowska, 1997, S. 17).
Des weiteren besuchte Wilczyńska wöchentlich das Sommerhaus Różyczka (gegründet 1921), um dort nach dem Rechten zu sehen. Später im Jahre 1928 engagierte sie sich bei der Gründung des Kindergartens auf dem Gelände des Winterhauses. In den Jahren 1926 bis 1933 kooperierte sie daneben mit der Zeitung Kleine Rundschau, in der sie die Kleine Ecke betreute, die für die Korrespondenz der Allerjüngsten gedacht war (Falkowska, 1997, S. 18).
Am 1. Juli 1937 zog Wilczynska aus dem Dom Sierot in ein kleines, aber eigenes und ruhiges Zimmer. Obwohl sie nun darauf angewiesen war, Geld zu verdienen, war sie mit ihrer Entscheidung glücklich. (Falkowska, 1997, S. 28ff.).
Im Jahr 1937 nahm sie eine halbjährige Tätigkeit als Referentin für CENTOS auf, in der sie sich zur wichtigsten Aufgabe gemacht hatte, Internate in ganz Polen zu besuchen (ebd., S. 29). Ihre Besuche kündigte sie an und erwähnte aber auch immer, dass sie nicht als Kontrollorgan, sondern als nur als Beraterin käme. Sie wohnte während dieser Zeit auf dem Internatsgelände und schaute z. B. nicht, was die Kinder aßen, sondern wie sie es taten. So konnte sie erkennen, ob die Kinder an Hunger litten oder nicht. Sie achtete daneben auf die Schlafsituation und den Zustand der sanitären Anlagen. Außerdem war es ihr besonders wichtig, dass die Bindung an die Familie der Kinder trotz deren Internatsaufenthalt gewährleistet wurde (Godel-Gaßner & Krehl, 2013, S. 64). Doch bereits zum Jahresende erhielt Wilczyńska die Ausreise- und Aufenthaltserlaubnis für Palästina. Sie beabsichtigte, nur unter der Bedingung nach Polen zurückzukehren, wenn ihre Arbeit in Ejn Harod keinen Nutzen bringen würde. Das Haus und Korczak verließ sie ihrer Meinung nach in einem sehr schlechten Zustand, worüber sie auch traurig war. Im März 1938 traf sie in Palästina in Ejn Harod ein, um dort ihre Erfahrung an jüngere PädagogInnen weiterzugeben. Über ihre Erfahrungen in Ejn Harod schrieb sie in den Briefen an die Kinder in Warschau, welche in der Kleinen Rundschau veröffentlicht wurden (Falkowska, 1997, S. 31ff.).
Bei Kriegsausbruch im Jahre 1939 machte sich Wilczynska auf den Rückweg nach Warschau. Sie vertraute sich einer Freundin an, dass sie nicht in der Lage wäre, sich an die Kinder in Ejn Harod zu binden, und ohne Liebe könnte man nicht erziehen. 1940 schrieb sie ihrer Freundin Fejga Lifszyc, sie wären im Dom Sierot wohl auf, und dass sie nicht nach Palästina kommen würde, weil sie ohne ihre Kinder nicht fahren wollte. (Falkowska, 1997, S. 32, 33). Ihre ganze Energie steckte Wilczyńska nun in die Bewahrung der pädagogischen und organisatorischen Kontinuität im Dom Sierot.
Trotz zunehmend katastrophaler Verhältnisse schaffte sie es, den Kindern ein den Umständen entsprechendes angenehmes Zuhause zu bereiten. Sie kümmerte sich stets um das physische, psychische und moralische Wohlbefinden ihrer Zöglinge. Bis zur letzten Stunde war Wilczyńska eine feste Stütze sowohl für Korczak, als auch für die Kinder und die MitarbeiterInnen.
„…bis zum letzten Moment werden wir alle zusammen sein.“ (Zit. in Falkowska, 1997, S. 36).


Dom Sierot – das Waisenhaus


Im Jahr 1910 plante der Verein Hilfe für Waisen, dessen Vorstandsmitglied Korczak war, ein neues Haus zu bauen, das „Dom Sierot“ (Haus der Waisen) heißen sollte und „Sozialwaisen“ bzw. „Straßenkinder“ beherbergen sollte. Korczak beteiligte sich maßgeblich an den Planungen für das Haus, das in der Krochmalna 92 von Henryk Stifelmann und dem Verein Hilfe für Waisen als Bauherren gebaut werden sollte. Am 14. Juni 1911 erfolgte die Grundsteinlegung für den Bau des Waisenhauses. Es sollte ein Haus werden, das das Recht des Kindes auf Fürsorge im Rahmen der Würde eines jeden einzelnen Menschen realisieren sollte. In seinem 35. Lebensjahr widmete sich Korczak somit gemeinsam mit Stefania Wilczyńska, als neu eingestellten Haupterzieherin, ganz den Waisen. Er konnte dabei nunmehr seiner ärztlichen Berufung treu bleiben und gleichzeitig seinen pädagogischen Vorstellungen Raum geben (Beiner, 2011, S. 77 ff.).
Seine Entscheidung für die Übernahme der Leitung des Waisenhauses ging einher mit der zuvorigen Entscheidung, auf eigene Familie und Kinder zu verzichten, was er selbst jedoch nicht als Verlust ansah. (Mortkowicz-Olaczkowa, 1967, S. 91).
Im Oktober 1912 bezog Korczak mit der neuen Haupterzieherin Stefania Wilczyńska anschließend gemeinsam mit 85 Kindern, die zwischen sieben und fünfzehn Jahre alt waren, das neue Waisenhaus. Da das Haus beim Umzug nur provisorisch bezugsfertig war, fand die offizielle Einweihungsfeier erst am 27. Februar 1913 statt. Korczak wollte von Anfang an die Partizipation und Emanzipation der Kinder fördern und suchte sich daher Hilfe bei den Kindern selbst.






Kind als Individuum


Korczak hat immer sehr viel Wert darauf gelegt, von dem Kind als einzelnes Individuum in seiner Einzigartigkeit zu sprechen. Doch nicht nur er!
Stefania Wilczynska, die Co-Leiterin des Waisenhauses war diejenige, die sich überwiegend um die PraktikantInnen gekümmert hat und die Beobachtungsdokumentationen durchgesehen hat.
Wenn die PraktikantInnen von DEN Kindern gesprochen haben, hat Wilczynska regelmäßig angemerkt: „Wszystike?“ D.h. „Alle?“ Behaupten die PraktikantInnen wirklich, dass alle Kinder gleich sind?






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